Auf dem Trinitatis-Jahrmarkte 1827 in Leschnitz

 

Von Emil Kempe, Lehrer in Roben, in: Aus dem Chelmer Lande, Nr.1/ 1928.


Mit der Erhebung zur Stadt im 13. Jahrhundert erhielt Leschnitz das Recht zur Abhaltung zweier Jahrmärkte. Kaiser Leopold I. verlieh einen dritten und vierten und König Friedrich II. einen fünften. Die Märkte wurden Sonn- und Feiertags und seit 1813 an jedem Montag abgehalten.

Die Stadt besaß Jahrmarktsbuden, welche in ihren Bestandteilen sonst im Baudenschuppen lagerten. Der Schuppen hatte seinen Standort zuletzt auf dem Schloßplatze. Die Bauden selbst hatte ein Unternehmer von der Stadt in Pacht. Er vermietete sie weiter an die Schmeidler, Korduaner, Posamenter, Täschner und Beutler, Reifschläger, Stuhlbereiter, Sporer, Schwertfeger, Gürtler, Stemmhauer, Büttner, Lichtzieher u. f. f. aus Ujest, Zülz, Cosel, Löwen, Ziegenhals, Oberglogau, Himmelwitz, Groß Strehlitz, Krappitz, Neustadt, Oppeln, Ratibor, Hultschin, Gleiwitz, Peiskretscham, Birawa, Tost und Kieferstädtel.

Die Baudenpächter hatten einen Baudenschein in Höhe von 2 Silbergroschen bis zu 1 Taler zu lösen.

Der Jahrmarkt begann acht Uhr morgens. Bis 12 Uhr dauerte der Viehmarkt; ihm folgte am Nachmittag der Krammarkt. Zuwiderhandlungen ahndete der Magistrat mit einer Gebühr von 5 bis 15 Silbergroschen.

Längst vor Tagesbeginn besetzten die Jüngsten (24 Männer, welche zuletzt das Bürgerrecht erworben hatten) die drei Stadttore, die freilich nur noch dem Namen nach vorhanden waren, und unterstützten die Marktpolizei auf den Rundgängen. Den Jüngsten lag besonders die Kontrolle des Viehauftriebs und die Ausgabe der Viehkontrollmarken ob. Entschädigt wurden sie für ihre Mühewaltung von den Baudenpächtern. Bei der Abrechnung gab es nicht selten recht lebhafte Auseinandersetzungen. Die Ausgeber machten auf eigene Rechnung Nebengeschäfte, überschritten die Tarife und verloren Marken, d. h. es gab mehr Stücke Vieh als Marken verausgabt waren.

An den Toren wurden sofort die Subjekte aufgegriffen, welche der berüchtigten Zunft der Langfinger angehörten, die nirgends sät und allerorts erntet. Bis zur Beendigung des Marktes verblieben sie auf Nummer Sicher. Betrunkene und Lärmende traf das gleiche Los. Getreidehändlern war der Aufkauf vor 10 Uhr untersagt, und Auktionen durften auch erst nach dieser Zeit stattfinden. Hausierhandel war streng untersagt.

Besonderes Augenmerk wurde den Holz- und Wildhändlern aus der Umgegend zugewandt. Diese machten ihre Einkäufe im Klodnitzer Staatsforst, wenn Forstbeamte nicht in der Nähe waren.

Im Rathause gab es lauten Spektakel. Dutzende abgehängter Waagen, die an verbotener Stelle gehalten, fanden dort ihre Niederlage. Der Kaufmann B. forderte seine Waage vom Bürgermeister mit der Drohung: „Ich werde Ihnen zeigen, daß ich aus Ratibor bin.“

Auf dem Viehmarkt ging der Kreisscharfrichter (Abdecker) spähenden Auges umher und lugte nach den Müden und Matten für sein Messer.

Auf dem Krammarkte stolzierte der Stadtdiener als Auge des Gesetzes im Vollgefühl seiner Gewalt einher. Hatte ein Marktbezieher eine falsche Bude bezogen, Budenbretter als Brücke über den sich vor seinem Stande bildenden Teich gelegt, zwei bis drei Afterpächtern liebevoll Unterschlupf geboten, und handelte ein anderer am Pachtpreise, dann war der Jünger der hl. Hermandat daran stark interessiert. Seiner Strenge und seinem Redetalent gelang es nicht selten von beiden Parteien Schlichtungsgeld einzukassieren. Das stand ihm nach altem Herkommen zu. Tanzen war streng untersagt.

Auf dem Nachhausewege waren selbst die Felder nicht ganz sicher. Hauptmann v. Ziemietzki auf dem Nivengut ließ darum an Markttagen seine Felder bewachen.

Einen schweren Stand hatte die Feuersicherheitswache, die bis tief in die Nacht ihre Rundgänge machte, denn Brände waren am Markttage keine Seltenheit. Das Rauchen war in der Nähe der Scheunen besonders streng verboten. K. aus Januschkowitz hatte wegen Rauchens in der Nähe einer Scheune 5 Silbergroschen abzuladen. Die Pfeife wurde beschlagnahmt.

Einem Schankpächter aus Suchau pfändete der Stadtdiener sein Ochslein, weil er ohne Kontrollmarke angetroffen wurde. Er hatte den Stallbewohner auf den Schultern durch die Gärten zum Sammelplatz eingeschmuggelt. Für die Feststellung erhält der Polizeigewaltige 5 Silbergroschen Assistenzgebühr. P.´s Kuh aus Rudno gibt die angesagte Milchmenge nicht. Der Kauf geht zurück, und P. zahlt 5 Silbergr. in die Armenkasse. N. hat seinem Pferde den Kopf gefärbt und das Alter in zu verstehendem Schamgefühl um ein halbes Dutzend Jahre jünger angegeben. Für die Entdeckung streicht der Polizeidiener Assistenzgebühr ein.

Die Dämmerung sinkt auf das Städtchen. Da öffnet sich der Arrest im Stadthause und grollend trotten die Insassen in die Nacht. Bangenden Herzens sinken die Bewohner auf das Lager und flehen zu Gott, daß nicht ein Feuerbrand seine Lohe zum Himmel speit.